"Hallig-Retter": Soforthilfe mitten im Meer (sh:z - 16. Mai 2008)
Im Unglücksfall ist auf dem Festland oder den nordfriesischen Inseln in der Regel nach zwölf Minuten ein Rettungswagen vor Ort. Dies gilt nicht für die Halligen: „Für so wenige Einwohner können wir leider keine Rettungswachen einrichten“, erläutert Landrat Dieter Harrsen in einem Pressegespräch. „In schweren Fällen alarmieren wir den Niebüller Rettungshubschrauber oder den Seenotrettungskreuzer. Doch bei schlechtem Wetter kann es länger dauern, bis die Helfer auf den Halligen ankommen.“ Und im schlimmsten Fall kann dies zum Tod eines Betroffenen führen.

Doch dank einer innovativen Idee des Leiters des Kreis-Rettungsdienstes, Christian Wehr, sollte ein solches Szenario künftig nicht mehr Realität werden können. Zusammen mit Bewohnern der kleinen Eilande hat er das Konzept „Hallig-Retter“ entwickelt. Auf Hooge sind bereits im März zehn Hallig-Leute von drei Angehörigen des Kreis-Rettungsdienstes nach dem einzigartigen „Hilfe-zur-Selbsthilfe“-Programm ausgebildet worden: „Es geht deutlich über die Erste-Hilfe-Kenntnisse, die vorhanden sein müssen, hinaus“, betont Christian Wehr. Ziel sei eine schnelle, medizinische Erstversorgung von Verletzten oder akut Erkrankten an den besonderen Adressen mitten im Meer. Den neuen Helfern auf Hooge sind auch ganz spezielle Notfall-Ausrüstungen übergeben worden.

Für schwierige Fälle hat Christian Wehr darüber hinaus eine Telefon-Hotline organisiert: Über die Kliniken in Husum und Niebüll sind so zu jeder Tages- und Nachtzeit Ärzte zu erreichen, die per Ferndiagnose die Maßnahmen vor Ort dirigieren. Der „Hallig-Retter“ ist als nachhaltiges Projekt angelegt: Deshalb steht der Wochenendkursus für den Beginn einer dauerhaften Zusammenarbeit zwischen Rettungs-Sanitätern und Hallig-Leuten. Einmal im Jahr findet eine „Auffrischung“ statt, bei der auch das Rettungsmaterial überprüft wird. Das auf den Halligen vorhandene medizinische Personal – zumeist aus der Gemeindepflege – soll ebenfalls in diese Fortbildungen integriert werden.

Dieter Harrsens besonderer Dank gilt dem Hooger Bürgermeister Otto Dell Missier und den Schwestern und Pflegern der Hooger Gemeindekrankenpflege. „Zwischen ihnen und unserem Rettungsdienst ist eine vorbildliche Zusammenarbeit entstanden“, lobt der Landrat. Der nächste Termin steht bereits fest: Am letzten Mai-Wochenende werden Christian Wehr und seine Kollegen Freiwillige von Langeneß ausbilden. Von den 124 Bewohnern der Hallig haben sich bereits 14 angemeldet. Die Vorgespräche für einen Kursus auf Hallig Gröde laufen ebenfalls. Die Ausbildungen finden immer auf den kleinen Eilanden statt. Sämtliche Kosten für Unterricht und medizinische Ausrüstung übernimmt der Kreis Nordfriesland – und unterstützt dadurch indirekt auch den Hallig-Tourismus. Denn: Viele Urlauber würden sich nach der medizinischen Versorgung auf den Halligen erkundigen, weiß Christian Wehr. „Mit Hooge haben wir angefangen, weil dort mit 100 000 Tagesgästen in der Saison und den Pferdekutschen ein höheres Gefährdungs-Potenzial vorhanden ist“, erklärte der Rettungsdienst-Leiter. Und Landrat Dieter Harrsen merkt an: „Wir wollen die Halligen bewohnbar halten, und ohne Retter vor Ort hätten auch Familien große Probleme dort zu bleiben. Wir versuchen deshalb zu kompensieren, dass es hier keinen Arzt gibt.“